Als bekannteste deutsche Wirtschaftsauskunftei will die Schufa im Rahmen eines Pilotprojekts jetzt auch Einblick in die Kontodaten von Verbrauchern und Verbraucherinnen erhalten. Sie will damit Privatpersonen mit ungünstiger Bonität die Möglichkeit geben, ihren Schufa-Score zu verbessern. Dafür ist deren Einwilligung erforderlich. Wie sieht es dabei eigentlich mit dem Datenschutz aus?
Schufa hat bislang nur auf wenige Daten Zugriff
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Bei der Schufa, der größten und bekanntesten Wirtschaftsauskunftei in Deutschland, sind die Daten von fast 70 Millionen Menschen in Deutschland gespeichert. Banken, aber auch andere Institutionen holen zuerst eine Schufa-Auskunft ein, bevor ein Kredit vergeben oder ein Vertrag abgeschlossen werden kann.
Ohne Schufa-Auskunft ist es kaum möglich, ein Bankkonto zu eröffnen, einen Mietvertrag zu unterzeichnen oder einen Mobilfunkvertrag abzuschließen. Die Schufa hat dabei auf weniger Daten Zugriff, als von vielen Verbrauchern und Verbraucherinnen vielleicht vermutet. Mit dem neuen Pilotprojekt soll sich das nun ändern, da auch die Einsicht von privaten Konten möglich werden soll. Die Schufa ist darüber informiert, wie viele Bankkonten eine Privatperson hat, ob ein Kredit aufgenommen wurde und ob die Raten immer pünktlich beglichen wurden. Um an noch mehr relevante Daten zu gelangen, versuchte die Schufa bereits 2012, Informationen von Social Media zu erhalten und für die Bewertungen zu nutzen.
Nutzung von Kontoauszügen für die Bonitätsbewertung
Neukunden, die einen Vertrag abschließen, können einwilligen, dass die Schufa Einblick in deren Kontoauszüge nehmen darf. Menschen, deren Schufa-Score beispielsweise durch Verschuldung nur niedrig ist, können ihre Bonität verbessern, wenn sie ihre Verlässlichkeit nachweisen. Die Schufa kann beispielsweise auf Angaben über Gehalt, Unterhaltszahlungen, medizinische Zuzahlungen, Miete oder Shopping-Gewohnheiten zugreifen.
Kritik am Pilotprojekt
Das Pilotprojekt der Schufa wird von verschiedenen Stellen kritisiert, da massive Bedenken bei der Einhaltung der Datenschutzrichtlinien bestehen. Kritik kommt beispielsweise von der Süddeutschen Zeitung sowie den Fernsehsendern NDR und WDR. Die Funktionalität des Projekts wurde durch die überarbeitete Zahlungsdienstrichtlinie PSD2 der EU ermöglicht, die 2015 unter Kritik verabschiedet wurde und 2018 in Kraft trat. Gemäß dieser Richtlinie können Dritte auf die Konten von Verbrauchern und Verbraucherinnen zugreifen, auch wenn das in deren Sinne ist. Kunden, die beispielsweise dem Zahlungsdienstleister Klarna die Erlaubnis zur Durchführung einer Zahlung geben, willigen ein, dass auch andere Unternehmen außer dem kontoführenden Institut Einblick in das Konto haben.
Einwilligung von Kontoinhabern für das neue Projekt
Für das Pilotprojekt CheckNow geben neue Telekommunikationskunden die Einwilligung, dass die Tochterfirma der Schufa, FinAPI, Einsicht in die Kontoauszüge nimmt. Anhand der Kontodaten ermittelt FinAPI einen Score, der von der Schufa zusammen mit der eigenen Bewertung für den Vertragsabschluss herangezogen wird.
Die Schufa weist darauf hin, dass nur relevante Daten ausgewertet und nach Vertragsabschluss gelöscht werden. Medienberichte zeigen jedoch, dass in einem zweiten Schritt die Erlaubnis zur Speicherung der Daten für bis zu zwölf Monate und zur Auswertung für das Scoring eingeholt wird.
Die Einwilligung der Kunden erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger Basis. Das kann jedoch aufgrund der Vielzahl der Checkboxen auf den Online-Formularen übersehen werden. Wie die Schufa bei einem Branchentreff im Oktober angab, klicken sich die Kunden durch, da sie einfach nur den Service haben wollen.
Verfahren wird auf Zuverlässigkeit geprüft
Das Verfahren wird aktuell vom Bayrischen Landesamt für Datenschutzaufsicht auf Zuverlässigkeit geprüft. Präsident Michael Will befürchtet, dass es irgendwann zum Standard werden könnte, bei einem Vertragsabschluss den Zugriff auf die eigenen Kontodaten zu erlauben. Da vor allem Menschen mit einem ungünstigen Schufa-Score angesprochen werden, könnte das dazu führen, dass sich ärmere Menschen mit ihrer Privatsphäre die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erkaufen müssten.
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Gregor Zmuda studierte Betriebswirtschaftslehre an der Justus-Liebig Universität in Gießen und schloß sein Studium als Diplom Kaufmann 2008 ab. Seit dem Wirtschaftsstudium beschäftigte er sich sehr intensiv mit Finanzen und gründete 2020 das Kreditmagazin. Daneben betreibt er weitere Fachportale aus dem Bereich Finanzen & Versicherungen und klärt Verbraucher objektiv über verschiedene Vor- und Nachteile jeweiliger Produkte auf.