Niedrige Zinsen und hohe Preise oder niedrige Preise und hohe Zinsen: Was ist besser?

Im Jahr 2022 steigen die Zinsen wieder sehr deutlich an. Allein in den letzten vier Monaten haben sich die Zinsen für Baufinanzierungskredite verdoppelt. Die Nachfrage und damit die Preise der Immobilien halten sich noch stabil, könnten aber auf Grund der höheren Zinsen abnehmen. Doch was ist die bessere Kombination? Höhere Zinsen und günstigere Preise oder hohe Preise und günstige Zinsen?

In diesem Artikel möchte ich gerne die obigen Szenarien durchspielen, um objektiv die Frage nach der besseren Kombination zwischen Kaufpreis und Zinsen herauszufinden. Meine Annahmen sind dabei nicht nur theoretisch, sondern orientieren sich an der zu erwarteten Entwicklung. Dazu bedarf es aber etwas Hintergrundwissen.

Wie weit steigen die Kreditzinsen noch an?

Diese Frage lässt sich heute nicht klar beantworten. Es ist aber wahrscheinlich, dass die Zinsen sich irgendwo zwischen zwei und drei Prozent einpendeln.

Wieso ausgerechnet hier?

Die Richtung der großen Zentralbanken ist inzwischen recht klar und ein Großteil der implizierten Zinserhöhungen auch im aktuellen Zins eingepreist. Durch die hohe Inflation müssen die Notenbanken aber wahrscheinlich den Leitzins stärker erhöhen als ursprünglich geplant, das heißt die Zinsen könnten noch etwas höher steigen als auf dem aktuellen Niveau.

Steigen die Zinsen wieder über fünf oder sechs Prozent?

Das halte ich zumindest in den nächsten Jahren für sehr unwahrscheinlich. In der Theorie sollten die Zinsen noch höher steigen, um die Inflation effizient zu bekämpfen aber dadurch würden Investitionen weltweit einbrechen und ein wirtschaftlicher Abschwung wäre die Folge. Dies werden die Notenbanken um jeden Preis vermeiden wollen. Zumal Inflation für viele Länder gar nicht so schlecht ist, da durch die Inflation die Schulden entwertet werden. Das kann also auch eine gewollte Strategie sein, um die Schuldenlast hochverschuldeter Länder zu senken.

Würden die Zinsen weiter so stark steigen wie bisher, würde das für viele Länder den Bankrott bedeuten. Durch die erhöhten Zinsen könnten diese nicht mehr ihre Verbindlichkeiten begleichen.

Wenn die Zinsen steigen, fallen die Immobilienpreise?

In der Theorie sollten die Immobilienpreise mit einem Anstieg der Zinsen sinken. Die einfachste Erklärung für diesen Prozess ist die gesunkene Nachfrage nach Immobilien als Geldanlage. Durch die inzwischen sehr hohen Kaufpreise und niedrige Renditeerwartungen bei Immobilien lohnt sich diese Geldanlage nicht mehr so sehr wie bei niedrigen Zinsen. Zudem sind Immobilien keine risikoarme Geldanlage wie es z.B. ein Festgeldkonto ist. Kapitalanleger werden also mit steigenden Zinsen ihr Geld in andere Geldanlagen umschichten, die jetzt wieder attraktiver werden. Die Nachfrage sollte abnehmen.

Gilt das für alle Immobilien?

Dies gilt aber vor allem für Immobilien als Kapitalanlage. Dazu zählen Gewerbeimmobilien wie Büros oder auch vermietete Wohnungen. Grundstücke und Einfamilienhäuser zählen nicht zu den klassischen Geldanlagen. Daher sollte dieser Effekt hier nicht so stark zu beobachten sein. Letztere erleben weiterhin eine sehr hohe Nachfrage, welche eher demografischer Natur ist. Dies könnte sich erst in fünf bis zehn Jahren erst ändern.

Wie stark sinken die Immobilienpreise, wenn die Zinsen steigen?

Auch hier muss man etwas spekulieren. Auf der einen Seite sinkt die Nachfrage in einigen Bereichen etwas, auf der anderen Seite sind Immobilien für viele Menschen weiterhin ein guter Inflationsschutz. Zudem sind an vielen Orten die Preise in den letzten Jahren explodiert und haben sich innerhalb weniger Jahre verdoppelt. Selbst wenn auf Grund der gesunkenen Nachfrage die Preise um 20-30% fallen würden, befinden wir uns noch immer auf einem sehr hohen Niveau.

Beispiel: Ein Einfamilienhaus kostete im Jahr 2012 im Speckgürtel von Berlin ca. 350.000 Euro. Ein vergleichbares Haus kostet 2022 inzwischen ca. 700.000 Euro in der gleichen Lage. Selbst wenn der Preis jetzt um 20% fallen sollte, kostet das Haus noch immer 560.000 Euro.