Selbstgenutzte Immobilie als ideale Altersvorsorge und Kapitalanlage?

Haus mit Garten als Altersvorsorge?

Immobilien als Altersvorsorge – auf den Typ kommt es an!

Wer kennt es nicht: Immobilien sind krisensicher und eine perfekte Altersvorge. Das stimmt leider nicht ganz, zumindest nicht so allgemein. In diesem Artikel möchte ich den Besuchern veranschaulichen, wieso die klassische selbstgenutzte Immobilie nicht ideal als Altersvorsorge bzw Kapitalanlage ist, wie von vielen angenommen. Im Gegensatz zu Aktien oder Tagesgelddepots ist eine Immobilie auch nicht so ohne weiteres kurzfristig handelbar.

Steuerliche Unterschiede: Selbstgenutzte Immobilie vs. vermietete Immobilie

Zuerst einmal muss unterschieden werden, ob ich meine Immobilie selbst bewohne oder diese an Fremde vermietet wird. Grundsätzlich besteht hier das größte Dilemma für Immobilienkäufer:

Eine eigene Immobilie zu vermieten bedeutet erst einmal viele Steuervorteile. Man nutzt diese dann nicht selbst und verzichtet womöglich auf eigenen Luxus.

Wir gehen davon aus, dass eine Immobilie durch eine Bank oder Sparkasse teilfinanziert wird. Das heißt die monatliche Kreditrate besteht bei einem klassischen Annuitätendarlehen aus zwei Teilen:

  1. Zinsanteil
  2. Tilgungsanteil

Bewohnt man die finanzierte Immobilie selbst, zahlt man ganz normal beide Teile von seinem Nettoeinkommen. Steuerlich lässt sich hier am Jahresende nichts absetzen!

Wird die finanzierte Immobilie vermietet, lassen sich die Zinskosten steuerlich geltend machen. Der Tilgungsanteil ist sowohl bei Eigennutzung als auch bei Fremdvermietung nicht relevant.

Rechenbeispiel für steuerliche Vorteile bei Zinsen bei Fremdvermietung

  • Monatliche Kreditrate zu Beginn der Tilgung: 1000,- Euro
  • davon Tilgung: 400 Euro
  • und Zinsen 600 Euro.

Bei einem Annuitätendarlehen zahlt man während der gesamten Laufzeit die gleiche Kreditrate. In den ersten Jahren ist oft der Zinsanteil höher als der Tilgungsanteil, das ändert sich während der Laufzeit.

Ist die finanzierte Immobilie vermietet, lassen sich die Zinskosten beim Finanzamt am Jahresende als Werbungskosten ansetzen. Vereinfacht gerechnet könnte man im ersten Jahr 600,- Euro x 12 Monate = 7.200,- Euro als Werbungskosten absetzen. Um diese Werbungskosten würde dann das eigene zu versteuernde Einkommen gesenkt werden.

Bsp: Sie müssen 80.000 Euro versteuern, nach Abzug der Zinskosten, die abgesetzt werden können, beträgt das zu versteuernde Einkommen nur noch 72.800 Euro. Das hat zur Folge, dass Ihre Gesamtsteuerlast sinkt.

Bei einer selbstgenutzten Immobilien haben Sie diesen Steuervorteil nicht!

Wieso eine selbstgenutzte Immobilie sich als Geldanlage nicht eignet

Bewohnen Sie Ihre Immobilie selbst, müssen Sie als Eigentümer und Nutzer alle Kosten selbst tragen. Dazu gehören vor allem Kosten wie:

  • Reparaturen am Haus
  • Versicherungen
  • Grundsteuer
  • Müllabfuhr & Straßenreinigung
  • Gartenpflege
  • Verwaltung
  • etc

So kommen im Monat im Schnitt schnell noch einmal über hundert Euro dazu, die fest neben der Kreditrate eingeplant werden müssen. Wäre die Immobilie vermietet, können Sie die obigen Kosten 1:1 an den Mieter als Nebenkosten weitergeben. Einzig Strom / Gas / Wasser / Internet bleiben als fixe Kosten, die nach Verbrauch abgerechnet werden und die jeder Bewohner selbst zu tragen hat.

Immobilien als Geldanlage

Wertsteigerung der Immobilie als Kapitalanlage

Viele Makler und Immobilienverkäufer bringen dieses Argument gerne bei unsicheren Kunden. Die Immobilie wird in 10 Jahren deutlich mehr Wert sein als jetzt, die Preise steigen und steigen etc.

Das mag so in den letzten Jahren gewesen sein, jedoch nicht in allen Regionen und dies gilt eher für Städte. Eine Garantie, dass die Preise weiterhin steigen gibt es nicht. Vielerorts haben die Preise inzwischen einen Bereich erreicht, der die Käufergruppe deutlich einschränkt. Selbst wenn die eigene Immobilie um 2 – 5 % im Jahr im Wert steigt, ist das keine Sicherheit für eine gute Kapitalanlage.

Immobilien verursachen Kosten

Vor allem selbstgenutzte Immobilien verursachen Kosten für Instandhaltung, die viele gerne übersehen. Im Gegensatz zu einer Mietwohnung, wo sich die Hausverwaltung um die defekte Heizung oder das undichte Fenster kümmert, müssen Immobilienbesitzer diese Kosten selbst tragen. Je älter eine Immobilie ist, dest höher werden die jährlichen Kosten dafür ausfallen.

Selbst wenn die Immobilienpreise ein paar Prozent steigen, die Instandhaltungskosten machen diese häufig zu Nichte.

Reich werden mit Immobilien – geht das überhaupt?

Um es kurz zu machen: Ja, aber nicht wenn Sie die Immobilien selbst bewohnen. Ihre eigengenutzte Immobilie kann einen starken Wertzuwachs in beliebten Regionen haben, mehr aber auch nicht. Hier handelt es sich eher um Spekulation und nicht um klassische Geldanlagen.

Wie machen es dann die Profis?

Klassische Kapitalanleger am Immobilienmarkt kaufen renditestarke Immobilien in Wachstumsregionen und vermieten diese. Jetzt stellen Sie sich die Frage: Was ist mit renditestark gemeint und wo findet man sowas?

Mit der Rendite ist bei Immobilien fast immer die “Mietrendite” gemeint. Diese errechnet sich aus dem Kaufpreis und der jährlichen Nettokaltmiete für die Immobilien.

Faustregel:
Als grobe Faustregel lässt sich sagen, dass Immobilien mit einer Bruttomietrendite ab 5% zu empfehlen sind. Alternativ wird auch gerne von “Faktor” 20 in unserem Beispiel gesprochen. Das heißt, der Kaufpreis übersteigt nicht das zwanzigfache der Jahreskaltmiete.

In Großstädten und Umgebung sind diese Renditen schwer zu finden.

Hinzu kommt, dass Profis und echte Kapitalanlager nur sehr wenig Eigenkapital beim Immobilienkauf einsetzen. Häufig werden nur die anfallenden Nebenkosten aus dem Immobilienkauf selbst bezahlt, die Immobilie wird zu 100% finanziert.

Clevere Kapitalanleger schaffen es, dass sich die Immobilie “von selbst abzahlt” wie es so schön umgangssprachlich heißt. Das ist tatsächlich möglich, da von den Mieteinnahmen die zu versteuern wären, viele Werbungskosten abzugsfähig sind.

Einfaches Beispiel für eine Immobilie, die sich selbst abzahlt:

Kaufpreis Immobilie:100.000,- Euro
Nettokaltmiete jährlich:5.040,- Euro (420 Kaltmiete / Monat)
Effektiver Kreditzinssatz für 10 Jahre:1,50%
Tilgungsanteil:2,50%
Absetzbare Werbungskosten im Jahr bei Vermietung:
Zinskosten jährlich (1,5% von 100.000):1.500,- Euro
Abschreibung (AfA) zu 2,5% vom Kaufpreis jährlich*:1.500,- Euro
* Nur der Gebäudeanteil am Preis lässt sich abschreiben, Annahme hier = 60% vom KP
3.000,- Euro jährlich sofort abzugsfähig
Jährliche Mieteinnahmen5.040,- Euro
abzugsfähige Kosten (Zinsen + AfA)3.000,- Euro
Zu versteuerndes Einkommen aus Vermietung:2.040,- Euro
Steuerlast für Vermietung bei Steuersatz von 42%856,80 Euro
Einkommen nach Steuern aus Vermietung:4.183,20 Euro (5.040,- Euro – 856,80 Euro)
Jährliche Kreditbelastung (Zinsanteil + Tilgungsanteil):4% (von 100.000 Euro also 4.000,- Euro)

Das obige Rechenbeispiel ist stark vereinfacht, da hier z.B. noch nicht umlegbare Kosten auf Vermieter sowie eine gewisse Instandhaltungsrücklage bedacht werden müssten. Wichtiger ist jedoch eine nachvollziehbare Erklärung, wieso sich Immobilien “von selbst” abzahlen können.

Das Einkommen aus Vermietung nach Steuern beträgt 4.183,20 Euro, die jährliche Belastung für Zinsen und Tilgung beträgt aber nur 4.000,- Euro. Somit würde sich die Immobilie in unserem Beispiel nach etwas über 30 Jahren nur durch die Mieteinnahmen von selbst abzahlen.

In der Praxis würden hier noch Nebenkosten von ca. 15.000 Euro dazukommen (Makler, Notar, Grunderwerbsteuern), die aus Eigenkapital bezahlt werden müssten. Zudem folgt nach 10 Jahren eine Anschlussfinanzierung, so dass sich hier die Zinsen ebenfalls zum Nachteil ändern können. Um mehr Planungssicherheit zu haben, können die Zinsen auch für 15 oder 20 Jahre festgeschrieben werden. In diesem Fall steigt jedoch der Kreditzins etwas.

Tipp:
Mit einem Eigenkapitaleinsatz von ca. 15.000 Euro hätten Sie nach Ende der Finanzierung einen Immobilienwert von 100.000 Euro plus die monatlichen Mieteinnahmen, die nicht mehr für die Kreditraten benötigt werden. (wahrscheinlicher Wertzuwachs der Immobilie wurde hier nicht berücksichtigt)

Eigene Immobilie bis zur Rente abbezahlt – die Altersvorsorge schlechthin!?

Jain! Es ist schön, eine eigene, abbezahlte Immobilie zu besitzen und sich somit die Miete für eine Wohnung oder ein Haus zu sparen. Jedoch muss man auch hier die Instandhaltungskosten berücksichtigen, vor allem wenn es sich um ein Einfamilienhaus handelt, da die Kosten hier höher als bei einer Wohnung liegen. Bei Wohnungen wird zudem ein monatliches Hausgeld mit Instandhaltungsrücklage fällig, womit die meisten Reparaturen am Gebäude von allen Eigentümern abgedeckt werden. Zudem benötigt man im Alter nicht mehr so viel Platz, wie mit einer Familie.

ABER: Sie können eine abbezahlte Immobilie im Alter auch verkaufen! Je nach Lage können das schnell mehrere Hundert Tausend Euro als Verkaufspreis werden. Alternativ ist auch eine Vermietung möglich & die Mieteinnahmen könnten als Zusatzrente und Instandhaltungsrücklage dienen.

Immobilie als Altersvorsorge

Unser Fazit zur Immobilie als Altersvorsorge und Kapitalanlage

Idealfall:

Geht man rein rational an den Immobilienkauf, so muss man Immobilien mit einer guten Mietrendite kaufen, diese zu 100% finanzieren und vermieten. So lässt sich in 20-30 Jahren theoretisch ein Vermögen aufbauen und das ganze skalieren. Mit dieser Strategie profitiert man von großen Steuervorteilen.

Leider sind die wenigsten Menschen so rational und möchten Ihre Immobilie lieber selbst bewohnen, was nachvollziehbar ist. Um den Lebensabend in der eigenen Immobilie sorgenfrei zu verbringen, sollten große anstehende Reparaturen noch vor dem Renteneintritt erledigt werden.

Sinnvolle Optionen bei selbstgenutzten Immobilien
  1. Wer vor hat im Rentenalter seine Immobilie zu verkaufen und dann in z.B. eine kleine Wohnung zu ziehen, kann das mit gutem Gewissen machen. Geht man vom einem Verkaufspreis von ca. 250.000,- Euro und einer Kaltmiete für die neue Wohnung im Alter von 600,- Euro, reicht der Verkaufspreis um über 30 Jahre die Kaltmiete zu zahlen. Die Nebenkosten werden nicht berücksichtigt, da sie auch bei einer selbstgenutzten Immobilie anfallen.
  2. Man vermietet die eigene Immobilie im Alter und generiert dadurch Mieteinnahmen zusätzlich zur Rente. Zwar hat man als Vermieter auch Instandhaltungskosten, jedoch werden die Mieteinnahmen diese deutlich übersteigen. Hinzu kommt, dass die Immobilie noch immer später verkauft werden kann.
“Wirtschaftlich” unattraktive Immobiliennutzung

Als reine Altersvorsorge bzw. Geldanlage lohnt es sich wirtschaftlich nicht, die Immobilie zu kaufen und diese bis zum Tod selbst zu nutzen. Es ist zwar für viele eine schöne Vorstellung, jedoch wirtschaftlich mit den meisten Nachteilen verbunden.

Weitere Quellen:

https://www.stern.de/wirtschaft/geld/rente-immobilie-wohn-riester-foerderung-8394434.html

https://www.drklein.de/immobilie-als-altersvorsorge.html

https://www.focus.de/immobilien/experten/sebastian_wagner/eigennutzung-vermietung-verkauf-wie-sie-sich-mit-einer-immobilie-fuers-alter-absichern_id_11006314.html

https://www.sparkasse.de/themen/eigenheim-finanzieren/immobilien-als-kapitalanlage.html